Hedwig Goller
Der Scherenschnitt ist eine Flächenkunst. Er lebt vom Kontrast zwischen Schnitt und Hintergrund, vom Wechselspiel zwischen Schwarz und Weiß.
Das Werkzeug für Hedwig Goller ist nur Papier und eine kleine Schere, in seltenen Fällen ein Messer.
Der Reiz ihrer Kunst liegt in der Abstraktheit des künstlerischen Gestaltungsprozesses, der sich innerhalb der Gesetzmäßigkeit
von geschnittenem Papier bewegt. Dies bedeutet Konzentration, Abstraktion und hohes handwerkliches Können.
Die modernen Scherenschnittwerke von Hedwig Goller knüpfen bewusst an die alte Tradition der Scherenschnitts des Biedermeierzeit an,
verzichten aber auf eine realistisch-figürliche Darstellung, um durch die Kunst der Verfremdung symbolische Inhalte geistig umzusetzen.
Faszinierend die Gegensätzlichkeit und Vielfalt ihrer Scherenschnitt-Techniken: Einerseits der klassische Scherenschnitt,
dessen strenge Gestaltungsregeln sich mit dem Symbolisch-Märchenhaften vereinen und in der Verbindung von formalistischer Strenge
und zeichenhafter Interpretation neue Märchen-Darstellungsformen ins Leben rufen und andererseits der farbige, freie Scherenschnitt,
der von der Künstlerin in kreativ-expressionistischer Weise gehandhabt wird, so dass im Zusammenspiel mit der Mischfarbentechnik neue reizvolle
Farbeffekte und Kompositionen erzielt werden. Hierfür benutzt sie eine von ihr neu entwickelte Technik:
Das Blatt wird mit breitem Pinsel großflächig und stark farbig aquarelliert. Danach werden mit Schere oder Messer Konturen herausgearbeitet,
die auf dem Bild weiß sichtbar sind. Die zerfließenden Farbflächen werden als Kompositionselement mit einbezogen.